13. Türchen von Aiko Hikari

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  • 13. Türchen von Aiko Hikari

    Guten Morgen meine Lieben. Es ist Freitag und damit beginnt bald das Wochenende! Ich hoffe ihr lasst es euch alle gut gehen und genießt die Vorweihnachtszeit.
    Heute gibt es das Türchen Nr. 13 an unserem Adventskalender. Dieses hat Aiko Hikari für uns geschrieben. Viel Freude beim Lesen!

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    Mord in der Kirche

    Der zwölfte Monat hatte begonnen, eine eisige Kälte zog sich durch Tokio, doch noch immer lag kein Schnee. Der Tag war nichts als grau und kalt, Wind peitschte den Fußgängern um die Ohren, ab und zu fielen wenige Regentropfen auf den Asphalt.

    Drinnen war es nicht wärmer als draußen. Der viel zu große, dunkle Raum leerte sich. Licht fiel spärlich durch die großen getönten Fenster, strahlte auf den dunklen Steinboden und die zahlreichen Bänke aus fast schwarzem Ebenholz.

    Ihr Herz war mindestens genau so kalt wie die Außentemperatur. Dazu füllte es sich nun mit Einsamkeit. Sie war jetzt alleine. Ihre Arme umschlungen ihren eigenen Körper, die Fingernägel krallten sich in den schwarzen Mantel, der sie fest umschlang wie ein böser Schatten, der keine Wärme zuließ.

    Eisigblaue Augen blickten starr geradeaus, während sie ihren Weg nach vorne zum Altar antrat. Sie lief an dem großen, hölzernen Tisch vorbei bis an die hinterste Wand des riesigen Gebäudes.

    Dort befanden sie sich. Kleine Wärmequellen, flackernde Lichter, die tanzten als seien sie kleine Kinder, die miteinander spielten. Sie waren das einzige was diesem Raum einen leichten Hauch von Gemütlichkeit verlieh.

    Sie presste ihre rot geschminkten Lippen fest aufeinander, warf eine 100 Yen Münzen in den Container und nahm sich ein kleines Teelicht aus einem Karton, der unter dem Kerzenständer aufgestellt war. Mit einem Feuerzeug zündete sie es an.

    „Diese ist für dich, mein Schatz, Heute ist der 1. Dezember. Morgen komme ich wieder. Und in vierundzwanzig Tagen ist Weihnachten. Ich hoffe, du freust dich.“, flüsterte die Frau.

    Dann kniete sie sich vor die wärmenden Lichter, schloss die Augen und begann etwas vor sich hin zu murmeln.



    Die Minuten vergingen, in denen sie so da saß und einfach nichts tat. Sie hing ihren Gedanken hinterher, Gedanken an eine frühere Zeit, Gedanken an einen verlorenen Schatz, an einen verlorenen Glauben.

    Es topfte.

    Immer wieder plätscherte es, wenn das Liquid auf den eiskalten Steinboden traf und sich in alle Richtungen verteilte.

    Die Wachskerzen schrumpften, Lichter verloren ihren Glanz. Eines war soeben erloschen.

    Ein seidener Faden an schwarzem Rauch bahnte sich seinen Weg nach oben, gab dem Raum einen Duft von Wärme, aber gleichzeitig ließ er ihn auch erkalten, denn wieder war ein Licht erloschen, dass diese ach so dunkle Welt erhellt hatte.

    Sie öffnete langsam die Augen und ließ einen Blick nach links schweifen. Der Weg führte in die Sakristei, sie lag unterhalb der Kirche. Ob es dort unten wohl noch kälter war als hier oben?

    Ein Geräusch ließ die Dame aufschrecken. Ein Poltern, das Zufallen einer Tür. Neugierig bahnte sie sich ihren Weg hinab. Kerzen an den Wänden erhellten den Gang.

    Es tropfte.

    Immer wieder plätscherte es, wenn das Liquid auf den eiskalten Steinboden traf und sich in alle Richtungen verteilte.

    Sie ahnte es, obwohl diese Geräusche doch nichts Ungewöhnliches waren. Schließlich blieb der Pfarrer nach einer Messe noch eine Weile dort unten und begab sich wieder in seine Alltagskleidung.
    Doch diesmal lag er einfach nur da. Das weiße Gewand war blutdurchtränkt.

    Langsam machte sie einen Schritt auf ihn zu, um sich ein genaueres Bild von der Situation zu verschaffen. Ein glatter Durchschuss.

    Die Frau erstarrte für einen Moment. Wie war es möglich? Wer hatte das getan? Und warum hatte sie nichts gehört?

    Sie blickte nach oben, gen Himmel, doch die massive Steindecke versperrte ihr die Sicht.

    ‚Jeden Sonntag stehen die Menschen früh auf, finden sich in diesem abartig kalten Raum wieder. Und wofür das Ganze? Wenn es IHN wirklich gäbe, hätte er niemals zugelassen, dass in seinem Haus ein Mord geschieht.‘



    Müde ließ sich die junge Frau auf dem Sofa des Büros ihres Chefs nieder.

    „Hier bin ich. Was soll ich tun?“, fragte sie und zündete sich eine Zigarette an.

    „Es erfreut mich, dich so ganz in Schwarz zu sehen. Die Farbe steht dir. Aber irgendwie lässt es dich auch wie eine trauernde Witwe aussehen.“, sagte der Mann, der das Pseudonym ‚Anokata‘ verwendete, angetan von der stetig währenden Schönheit seiner Untergebenen: „Warte bis Gin hier ist. Dann erkläre ich es dir.“

    Vermouth bließ den Rauch ihrer Zigarette durch den Raum und formte ihre Augen zu schlitzen, mit denen sie ihren Boss durchstach als wären es scharfe Messer. Er hatte ihren wunden Punkt getroffen und nun ließ sie ihre Wut darüber raus: „Warum ich Schwarz trage weißt du ganz genau.“

    Anokata brachte nur ein Lächeln hervor, überspielte dabei völlig, dass ihn diese, seit Jahren anhaltende, Wut seiner Agentin sichtlich nervte. Zwar trug er eine Mitschuld an ihrer Misere, aber die wollte er sich nach zwanzig Jahren auch nicht mehr eingestehen.

    Mit einem kräftigen Ruck sprang die Tür zum Büro von außen auf und ein groß gewachsener Mann, mit langen blonden Haaren und giftig grünen Augen betrat den Raum. Sein eiskalter Blick und der schwere, schwarze Mantel ließen den Kerl noch gruseliger ausschauen und selbst diejenigen, die ihn kannten konnten nicht leugnen, dass sie einen gewissen Respekt vor seinem Auftreten hatte, wusste man doch nie, ob sich hinter dem schwarzen Gewand gleich eine Pistole auf einen richten würde.

    Gins Blick verfinsterte sich umso mehr, als er die Blondine auf der Couch sitzen sah, auf der er doch immer Platz nahm. Vermouth grinste, denn sie wusste, dass sie den Mann so auf die Palme bringen konnte und deshalb tat sie es mit Absicht.

    „Was macht sie hier?“, fragte Gin angewidert.

    Anokata schlenderte um das Sofa herum und begab sich direkt auf seinen Untergebenen zu. Mit einer raschen Handbewegung deutete er diesem sich in Position zu begeben:
    „Sie ist aus dem selben Grund hier wie du. Setz dich und du wirst es erfahren.“

    Gin schnaubte verächtlich und setzte sich nur widerwillig neben seine verhasste Kollegin.

    „Wenn ich mir die Bemerkung machen darf. Du stinkst!“, informierte er sie über diesen Zustand.

    „Weihrauch ist der Schweiß der Götter, wie die alten Ägypter sagten. Deshalb verwendeten sie ihn bei der Einbalsamierung der toten Könige.“, erklärte die Blondine den Geruch an ihrer Kleidung.

    Gin verdrehte die Augen.

    „Bist du etwa katholisch?“, fragte er, nun noch angewiderter als zuvor: „Ich dachte, du glaubst nicht an den lieben Gott.“

    Sie zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht wer oder was da noch existiert, aber ich sollte ab und zu mit demjenigen in Kontakt treten, der seit zwanzig Jahren mein Kind in seiner Obhut hat. Wenn ich tot bin, möchte ich sie gerne unversehrt wiedersehen.“

    „Pah!“, kam es von dem großen Blonden, der sich ebenfalls eine Zigarette angezündet hatte: „Tot ist tot. Sie kommt nicht mehr wieder. Ihr Körper liegt hier unten, im Leichenkeller der Organisation. Kannst sie gerne jederzeit in den Arm nehmen, wenn du dich nach ihr sehnst. Da oben, da gibt es nichts mehr.“

    Vermouth presste die Lippen aufeinander, um ihn nicht ihre Wut über das angesprochene Thema sehen zu lassen. Aber er bemerkte es ja sowieso. Gin war nicht zu täuschen. Im Gegenteil. Jeder Versuch es zu tun regte ihn nur dazu an, hinter das Spiel zu blicken und dann machte er sich einen Spaß daraus sich an jenen Geheimniskrämern zu rächen. Schnell wechselte Vermouth das Thema.

    „Ich gehe bald eh nicht mehr zu dieser Kirche. Der Pfarrer ist soeben ermordet worden.“

    Das Grinsen in Gins Gesicht wurde breiter. Woher es kam, konnte sich seine Kollegin nicht erklären. Seine Gedankengänge, waren im Gegensatz zu denen manch anderer Leute unergründlich.



    Drei Tage waren vergangen, Inspektor Megure lief in seinem Büro auf und ab. Er hatte Mori in den Fall eingeschaltet, der sogleich mit Ran und Conan zum Tatort kam, doch noch immer hatte die Suche nach dem Mörder nichts gebracht. Er schien äußerst vorsichtig vorangegangen zu sein. Einzig und allein die gefundenen DNA Spuren zeugten davon, dass sich zwei Personen zum Zeitpunkt des Mordes in der Sakristei befunden haben mussten. Sie hatten die Daten durch den internationalen Suchlauf geben lassen, wobei herauskam, dass die eine DNA Spur dem Pfarrer selbst zu zu ordnen war, die andere, und das war das Komplexe, gehörte der seit einem Jahr verstorbenen, Sharon Vineyard.

    Lange hatten die Forensiker daran gerätselt wie die DNA einer verstorbenen an diesen doch sehr ungewöhnlichen Ort gekommen waren, doch all das nachdenken brach keinen Fortschritt. Selbst wenn die Schauspielerin sich damals ins Kloster verschanzt hatte, dann wäre sie sicher nicht in dieser kleinen japanischen Kirche zu finden.



    Durch Conan bekamen auch James Black und sein Team schnell Wind von dem Fall. Als einzige konnten sie sich erklären, wie der genetische Fingerabdruck einer längst Totgeglaubten nach Japan kam, doch von dieser hatten sie noch längst keine Spur. Sharon alias Chris Vineyard, alias Vermouth blieb für das FBI und die Polizei Verschwunden.

    Zumindest zeigte sie sich ihnen nicht. Sie wusste von der Verfolgung ihrer, wusste dass man sie des Mordes beschuldigte, aber was hätte sie dagegen tun sollen. Sie wurde schon vielerlei Morde beschuldigt, da kam es auf den einen mehr auch nicht an. Es war es nicht wert, dieses Missverständnis aufzuklären, doch trotzdem konnte sie den Mord an dem Mann, der Christine damals getauft hatte, nicht auf sich sitzen lassen.



    „Ich fasse es nicht, dass diese miese, gefühlskalte Schlange sich in der Welt umher bewegt als sei nie etwas gewesen!“, rief Jodie, während sie wütend mit der Faust auf den Tisch haute.

    James sah seine Untergebene mitfühlend an: „Sharon ist eben Teil der Organisation. Sie alle sind schlau, gerissen, gefühlskalt und können sich gut genug verstecken. Hin und wieder hinterlassen sie eine Spur, so wie es in der Kirche der Fall war. Dann wiederum sind sie doch schon über alle Berge. Agent Starling, ich bitte Sie, geben Sie nicht auf! Auch wenn es aussichtslos erscheint, es gibt immer wieder ein paar Hinweise auf den Aufenthaltsort der Organisationsmitglieder. Und lassen Sie die Vergangenheit verdammt noch eins nicht zu nah an sich rankommen.“

    „Aber…“, Jodie presste die Lippen aufeinander und sprach die nöchsten Sätze nur noch in Gedanken aus: ‚Ich hasse sie einfach. Jedesmal wenn ich ihr unschuldiges, blütenreines, gefaktes Lächeln in einem Film sehe, dann würde ich ihr am liebsten den Hals umdrehen.‘

    Camel schien genau zu wissen, woran seine Kollegin gerade dachte. Langsamen Schrittes lief er auf sie zu und legte eine Hand auf ihre Schulter: „Ich hasse sie auch, wir alle tun es. Aber wir dürfen unsere Sicherheit nicht außer Acht lassen. Der Organisation in die Arme zu laufen hätte fatale Folgen für uns.“

    Von seinem Boss erhielt der Hüne ein zustimmendes Nicken. Die Blondine atmete einmal tief ein und aus, konnte sich innerlich jedoch nicht beruhigen. Weihnachten war eine verdammte Zeit, wenn sie daran dachte, dass alle Kinder sie mit ihren Eltern verbringen durfte, doch ihr war dies viel zu kurz gewährt. Jedes noch so kleine Licht einer Kerze erinnerte sie an das große Feuer, das ihr Haus und ihre Familie zerstörte.

    Nein, dadurch hatte sie einen Grund mehr sich in der kalten Jahreszeit in ihre Arbeit zu vertiefen. Einsamkeit und Trauer ließen sie sich einigeln in einer Sache, die sonst kein Mensch freiwillig länger als ein paar Stunden am Tag machte. Doch für Jodie war die Arbeit als FBI Agentin alles. Besonders seit SEINEM Tod hatte ihr Leben nur noch einen Sinn. Sie auszulöschen. Die Organisation, die ihr alles genommen hatte.

    Am liebsten wäre sie einfach wieder nah Amerika geflogen, hätte am Filmset von Hollywood ihre Waffe und ihre Marke gezogen, um Chris Vineyard vor laufender Kamera, nicht nur zu verhaften, sondern sie gleichzeitig bloßzustellen, indem sie alle Leute mit der Wahrheit konfrontierte.
    „Sehen Sie her! Chris Vineyard, ist in Wirklichkeit nichts weiter als die angebliche Tochter ihrer selbst, Sharon Vineyard, der ach so tollen, totgeglaubten Schauspielerin! Und sie ist eine verdammte, gefühlslose Mörderin!“

    Ganz Amerika würde über die Schlagzeilen erstaunt sein. Tagelang würden sie über nichts anderes mehr sprechen. Sicherlich gab es tausende, wenn nicht sogar millionen, die den Fernsehstar in ihrem letzten Streifen sehen wollten. „Dead Star Walking - Eine Schauspielerin erhält die Todesspritze!“

    Aber so einfach war das leider nicht. Die Immunität, auf die sich „Vermouth“ immer beruhte, wurde ihr tatsächlich gewährt. Zumindest war James Black der Meinung und auch seine Kollegin dachte das Selbe, sollten mögliche Ausschreitungen im amerikanischen Volke verhindert werden. Ein Massenaufstand würde ausbrechen, niemand würde dem anderen mehr vertrauen können.
    Völliger Schwachsinn, wenn man Jodie fragte.
    Jedem gebührt seine gerechte Strafe.

    Doch diese Strafe hatte Chris Vineyard zurecht nicht verdient, denn der Mörder, der immer noch frei herumlief, war ein anderer.



    Die Tage vergingen. Vom Täter keine Spur. Die Polizei hatte den Fall noch nicht zu den Akten gelegt, kam aber auch nicht weiter.

    Conan Edogawa ging es genauso. Er würde sie finden, die gesamte Organisation, würde sie auseinander reißen, in die winzigsten kleinsten Stückchen und sie alle nacheinander einzeln einbuchten.
    Doch fürs Erste waren die schwarzen Sensenmänner und die eiskalte blonde Schlange für ihn unauffindbar.


    Doch auf einmal geschah das Unglaubliche!

    Sato und Takagi konnten ihren Ohren nicht trauen, als sie den Tatort ein weiteres Mal unter die Lupe nahmen. Die ganze Adventszeit über war die Kirche geschlossen geblieben und nun wagte es ein Mann hineinzutreten. Es war der Kaplan.

    Unter Tränen legte er ein langes Geständnis ab. Der ach so gute Pfarrer hatte jahrelang Spendengelder unterschlagen. Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen.

    Sato seufzte: „Wie viel Vertrauen können wir unseren Mitmenschen noch schenken, wenn selbst jemand, der eine große Beziehung zu Gott hegt vom Teufel geleitet wird?“

    Takagi zuckte mit den Schultern. Er wusste keine Antwort zu geben. Es ging einfach nicht. Er verstand es nicht, dass Menschen zu so etwas fähig waren. Zögerlich blickte er seine Kollegin an und warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. Es tat ihm irgendwie leid, dass er diese Frage nicht beantworten konnte.

    Geduldig ließ sich der Kaplan abführen.

    „Wir sind alle Sünder. Jesus ist vor zweitausend Jahren für uns am Kreuz gestorben, um uns unsere Sünden zu nehmen. Ich glaube daran. Wir alle sind ab und zu vom Teufel geleitet und können nichts dagegen tun. Es ist eine mächtige, böse Macht. Gott wird uns verzeihen, aber nur unter einer Bedingung. Wir müssen unsere Sünden eingestehen, bereuen und daran glauben, dass Jesus für uns gestorben ist. Beten Sie, Frau Polizistin. Beten Sie…“

    Nachdenklich stiegen die beiden Kommissare mit dem Mörder in den Streifenwagen, unwissend dass sie dabei belauscht und beobachtet wurden.

    Die Blondine lehnte an der Kirchenmauer und presste die Lippen aufeinander. Dann sah sie in den Himmel.

    ‚Habe ich wirklich noch eine Chance zu dir zu kommen, wenn ich bereue, eingestehe und glaube?‘



    Für die Polizei war der Fall nun also abgeschlossen. Der Täter war sehr präzise vorgegangen, hatte keine Spuren hinterlassen und doch plagten ihn am Ende das schlechte Gewissen und das Hoffen auf die Gnade Gottes. Jedoch blieb noch eine Frage offen. Die Frage nach der DNA von Sharon Vineyard.

    Einzig das FBI und ein kleiner Junge mit Brille wussten was dahinter steckt. Nur für sie konnte der Fall nicht zu den Akten gelegt werden.

    Jodie sah aus dem Fenster. Schnee fiel auf die Straße, bedeckte die Dächer der Stadt. Die Kälte, die sie beim Anblick der weißen Flocken verspürte, durchzog ihren Körper, gesellte sich zu der Gänsehaut die sie bekam, wenn sie an die Organisation dachte. Besonders an sie, die mit einem Lächeln im Gesicht töten konnte, ohne auch nur den Hauch an Respekt vor einem von Gott gegebenen Leben zu haben.

    Sie hatte es nicht leicht. Wieder ein Weihnachtsfest ohne Mama und Papa, wieder ein Fest ohne einen Freund. Jodie würde an Heiligabend einsam sein und das war nicht nur eine Gemeinsamkeit, die sie mit ihrer Erzfeindin teilte.




    Wärme durchzog den viel zu großen, sonst so dunklen Raum. Dicht gedrängt standen die Leute beieinander, füllten die Halle bis an die Decke mit ihrem Gesang und gaben etwas von ihrem Gemüt an die, sie alle umgebene, Luft ab. Helles Licht flackerte, der Rauch, der von den vielen kleinen Flämmchen aufstieg verteilte einen Duft von Geborgenheit in der kältesten Zeit des Jahres.

    Sie hielt das kleine Lichtchen fest in beiden Händen. Gleich würde sie es zu den anderen stellen. Damit waren es vierundzwanzig. Vierundzwanzig Kerzen, die seit dem ersten Dezember die Tage bis Weihnachten gezählt hatten. Vierundzwanzig Tage, bis der Mord an Pfarrer Saotome gelöst worden war. Und das nicht durch die Polizei, sondern den Verstand und die Einsicht des Einzelnen. Wie viel Verstand und Einsicht musste sie bekommen, um sich zu stellen?

    Sie hatte nichts zu verlieren, sehnte sich nach einem Leben bei ihrer Tochter im Himmel und doch wagte sie den entscheidenden Schritt nicht. Sie war nicht feige. Nein, sie konnte Leben retten. Ein ironisches Spiel. Indem sie Leben auslöschte konnte sie Leben retten.

    Ein Verrat an der Organisation hätte weitreichende Konsequenzen. Für die unschuldigen Kämpfer der Kirschblüte, für das Kind, das sie ihre Silberkugel nannte, sowie für dessen Freundin, ihr und sein Engel, und sicher für weitaus mehr Menschen.

    ‚Meine Aufgabe ist es dicht zu halten, erst dann kann ich zu dir.‘, richtete sie ihre Gedanken an den wichtigsten Menschen, den sie je gehabt hatte. Dann setzte sie auch das vierundzwanzigste Licht auf den Kerzenständer.

    Die Messe war vorbei. Das Trauerspiel um das Blut des Pfarrers war vorbei und Weihnachten… war mitten im Gange.

    Langsam setzte die trauernde Mutter einen Fuß vor die Kirche, zurück in die Einsamkeit, ihre leere Wohnung, in der nicht einmal Geschenke bereit lagen von jemandem ausgepackt zu werden.

    Sie hatte gerade einen Schritt getan, da flog ihr eine kleine weiße Masse auf die Nasenspitze. Sie sah gen Himmel, von dort fielen sie herab. Schneekristalle.

    Schnellen Fußes begab sie sich nach Hause, riss sich die Klamotten vom Leibe und setzte sich auf das gemütlichste Sofa vor ihrem Christbaum. Der Baum, der geschmückt war mit ihrem Namen und ihren Basteleien. Als sie damals am ersten Dezember starb, hatte sie folgenden Wunsch hinterlassen:

    „Mama, wenn du jeden Tag für mich eine Kerze anzündest, lasse ich es an Weihnachten schneien.“

    Mit Tränen in den Augen blickte Sharon nach draußen. Unaufhörlich fielen die Flöckchen vom Himmel. Zwischen der breiten Wolkendecke funkelte ein einzelner Stern.

    „Fröhliche Weihnachten, mein Schatz.“
  • Eine melancholische Geschichte, die uns mal einen etwas anderen Einblick in Vermouths Gedanken gibt. Ich finde sie sehr gelungen. Vor allem die Atmosphäre konntest du wunderbar einfangen und dem Leser vermitteln. Besonders die Kälte im ersten Absatz und dann der Kontrast dazu im letzten. Traurig, aber trotzdem schön ;( ^^

    **stolzes Mitglied der berühmt-berüchtigten Akirai-Foundation**



    Fanfiction:
    Scars
    and Guns and Roses
  • Was eine Geschichte. Etwas düster, traurig und dennoch mit Seele.
    Conan, Kogoro & Co werden zwar im grunde kaum involviert, das müssen sie aber auch gar nicht. Es wird einem nicht alles präsentiert und für Fans gibt es noch einige kleine Anspielungen. Für Freitag den 13. finde ich das Türchen wirklich gelungen!
    DANKE!
  • Echt eine sehr gefühlvolle Geschichte. Traurig, aber sehr schön...
    Die Geschichte mit dem EInblick in Vermouths Gedanken ist dir wirklich sehr gelungen, eine wirklich schöne melancholische Geschichte...

    Danke an Lulu, die diesen supiiiii Banner nur für mich gemacht hat ♥


    :rcushion:
    "Smilie der Woche"
    Extra für dich, Ran97 :D :***
  • Danke an alle, die schon Rückmeldungen gegeben haben. Ich entschuldige mich hiermit für die Rechtschreibfehler, die ich nicht behoben habe und bei denen die ein paar Charaktere vermisst haben. Und alle, die noch etwas schreiben werden bekommen auch noch eine Danksagung.
    :oclap: KONNICHI WA, MINNA SAAAAAAAAN!!! :oclap:
  • Eine tolle, wenn auch etwas düstere Geschichte.
    Diesesmal erlebt der Adventskalender eine weitere Bereicherung, da du uns in den Bereich der Schwarzen Organisation führst. Es hätte durchaus bei den drei Personen bleiben können aber du hast auch noch kurz ein paar andere uns wohlbekannte Charaktere eingebaut. Hat mir sehr gut gefallen.
    Ruhe und Gelassenheit, dazu noch Sorgfalt. Alles Eigenschaften meines Helden Holmes.

  • Kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. In den Kirchenszenen am Anfang und Ende baust du sehr schön diese Stimmung auf und kriegst da auch richtig Tiefe in die Story.
    Könnte mir gut vorstellen, dass dich deine Stichworte etwas eingeengt haben und du ansonsten noch mehr hättest rausholen können.