Das 21. Adventskalendertürchen gestaltete TheDarthHomer. Viel Spaß !
Im Nachhinein kann ich nicht mehr genau sagen, ob es Regentropfen
ober Tränen in ihrem Gesicht waren. Was es auch war, es wirkte deplatziert über
ihrem wunderschönen Lächeln. Das Lächeln, das sie immer hatte, wenn es um ihn ging – wenn es um mich ging.
Der Schnee, der am Vortag ganz Tokio in weiß hat glänzen lassen, hatte sich nun
in einen matschigen grauen Brei verwandelt, in dem man hier und da eine leere Coca-Cola Dose fand, an anderen Stellen
Lachen aus Erbrochenem von den keine zwei Meter weiter liegenden
Alkoholleichen. Es war kein schöner Anblick, der sich uns zur Adventszeit bot.
Dann wiederrum passte er genau in meine jetzige Gefühlslage, spiegelte den
Absturz meiner Freude wider. Ich wusste, dass ich die richtige Entscheidung
getroffen hatte, aber sie fühlte sich dennoch falsch an. Ich fühlte, wie mein
Körper von einer Leblosigkeit gefüllt wurde, die man in der Regel nur bei
manisch depressiven Menschen feststellen konnte. Hätte man mir die Möglichkeit
gegeben, die Uhr um vierundzwanzig Stunden zurück zu drehen, den vorherigen Tag
noch mal zu druchleben, ich hätte mich anders entschieden. Ich hätte mich für
sie entschieden und die Kinder im Stich gelassen. Sie hätten es nicht verstanden,
wie hätten sie es können? Wie macht man es Kindern klar, dass ihr langjähriger
bester Freund von heute auf morgen verschwunden ist? Ran hatte es damals nicht
gut aufgenommen, Schüler der ersten Klasse wären vor Kummer eingegangen. Doch
im Moment war mir das egal. Ein Blick nach oben offenbarte mir all die Dinge,
die ich verpassen würde, und ich begann, mich selbst zu hassen, dafür, dass ich
ihre Erwartungen nicht erfüllt hatte – und nun nicht mehr die Gelegenheit dazu
haben würde.
Die Wissenschaftlerin hatte den anderen Weg eingeschlagen. Ein Foto von ihr in
ihrem neuen Labor einer großen Pharmakette hängt beim Professor am Kühlschrank.
Den Kindern wurde weißgemacht, ihre Freundin sei an eine Privatschule im Norden
Japans gewechselt. Sie nahmen es ihr übel, fühlten sich verraten. Deswegen
hatte ich mich dazu entschieden, bei ihnen zu bleiben, als einer von ihnen. Ich
hatte nicht der Grund für noch mehr Kummer sein wollen.
Doch war ich das denn jetzt nicht? Ich konnte es nicht ertragen, von ihr so
angeguckt zu werden, mit dem Lächeln, das meine Entscheidung guthieß und dem
Blick, der von ihr enttäuscht war.
Meine Blicke schweiften umher und blieben hier und da an den Passanten der
Einkaufsstraße hängen. Da war der Geschäftsmann mit seiner europäischen Frau,
die vor einem Juwelier stehen geblieben war, das Teenager-Pärchen, das sich
klammheimlich auf der Toilette verzog , die alleinerziehende Mutter, die ihrem
Kind zu Weihnachten das x-te Nintendo-Spiel kaufen sollte und der
Ladenbesitzer, der noch schnell die Preise für das Weihnachtsgeschäft anpasste.
Ein junges Mädchen wurde beim Stehlen erwischt und wartete jetzt zusammen mit
einem Polizisten auf dessen Partner, der einem Falschparker, der noch auf den letzten
Drücker ein paar Weihnachtsgeschenke kaufen wollte, ein Knöllchen unter die
Scheibenwischer klemmte. Wohin ich auch sah hatten Leute Probleme; Probleme mit
der Familie, Probleme mit dem Geld, Probleme mit der Zeit, Probleme damit,
einen Ort zu finden, wo man sich bedingungslos der Lust hingeben konnte. Doch
am Weihnachtsabend würden sie alle bei ihren Liebsten sitzen, sie würden
lachen, sie würden sich freuen und ab dem darauffolgenden Jahr würde diese
Adventszeit die Adventszeit sein, in der die Tochter verhaftet wurde, in der so
ein blöder Bulle einem ein Knöllchen gegeben hat oder in der man es in der
Toilette vom neuen McDonalds getrieben hat.
Mein Weihnachtsfest sollte ich mit dem Professor verbringen. Kein Baum, kein
Festtagsessen, stattdessen Mikrowellenfraß und stumpfe Weihnachtsfilme.
Wir kamen an einem Schaufenster vorbei, in dem die neuen Flachbildschirme
vorgestellt wurden. Eine Dame saß unter einem Mistelzweig, vor ihr ein grüner
Kranz mit vier leuchtenden roten Kerzen, in ihren Händen die Nachrichten. Die
Sendung war schon fast vorrüber, sie sendeten gerade die letzten Sekunden des
letzten Beitrages – des Beitrages über den Tod von Shinichi Kudo. Ich kann es
im Nachhinein nicht mehr sagen, ob es Regentropfen oder Tränen im Gesicht von
Ran Mori waren, aber ich weiß noch, dass ihr Lächeln Zuversicht ausstrahlte als
sie ihre Hand ausstreckte und sagte: „Komm, Shinichi.“
Im Nachhinein kann ich nicht mehr genau sagen, ob es Regentropfen
ober Tränen in ihrem Gesicht waren. Was es auch war, es wirkte deplatziert über
ihrem wunderschönen Lächeln. Das Lächeln, das sie immer hatte, wenn es um ihn ging – wenn es um mich ging.
Der Schnee, der am Vortag ganz Tokio in weiß hat glänzen lassen, hatte sich nun
in einen matschigen grauen Brei verwandelt, in dem man hier und da eine leere Coca-Cola Dose fand, an anderen Stellen
Lachen aus Erbrochenem von den keine zwei Meter weiter liegenden
Alkoholleichen. Es war kein schöner Anblick, der sich uns zur Adventszeit bot.
Dann wiederrum passte er genau in meine jetzige Gefühlslage, spiegelte den
Absturz meiner Freude wider. Ich wusste, dass ich die richtige Entscheidung
getroffen hatte, aber sie fühlte sich dennoch falsch an. Ich fühlte, wie mein
Körper von einer Leblosigkeit gefüllt wurde, die man in der Regel nur bei
manisch depressiven Menschen feststellen konnte. Hätte man mir die Möglichkeit
gegeben, die Uhr um vierundzwanzig Stunden zurück zu drehen, den vorherigen Tag
noch mal zu druchleben, ich hätte mich anders entschieden. Ich hätte mich für
sie entschieden und die Kinder im Stich gelassen. Sie hätten es nicht verstanden,
wie hätten sie es können? Wie macht man es Kindern klar, dass ihr langjähriger
bester Freund von heute auf morgen verschwunden ist? Ran hatte es damals nicht
gut aufgenommen, Schüler der ersten Klasse wären vor Kummer eingegangen. Doch
im Moment war mir das egal. Ein Blick nach oben offenbarte mir all die Dinge,
die ich verpassen würde, und ich begann, mich selbst zu hassen, dafür, dass ich
ihre Erwartungen nicht erfüllt hatte – und nun nicht mehr die Gelegenheit dazu
haben würde.
Die Wissenschaftlerin hatte den anderen Weg eingeschlagen. Ein Foto von ihr in
ihrem neuen Labor einer großen Pharmakette hängt beim Professor am Kühlschrank.
Den Kindern wurde weißgemacht, ihre Freundin sei an eine Privatschule im Norden
Japans gewechselt. Sie nahmen es ihr übel, fühlten sich verraten. Deswegen
hatte ich mich dazu entschieden, bei ihnen zu bleiben, als einer von ihnen. Ich
hatte nicht der Grund für noch mehr Kummer sein wollen.
Doch war ich das denn jetzt nicht? Ich konnte es nicht ertragen, von ihr so
angeguckt zu werden, mit dem Lächeln, das meine Entscheidung guthieß und dem
Blick, der von ihr enttäuscht war.
Meine Blicke schweiften umher und blieben hier und da an den Passanten der
Einkaufsstraße hängen. Da war der Geschäftsmann mit seiner europäischen Frau,
die vor einem Juwelier stehen geblieben war, das Teenager-Pärchen, das sich
klammheimlich auf der Toilette verzog , die alleinerziehende Mutter, die ihrem
Kind zu Weihnachten das x-te Nintendo-Spiel kaufen sollte und der
Ladenbesitzer, der noch schnell die Preise für das Weihnachtsgeschäft anpasste.
Ein junges Mädchen wurde beim Stehlen erwischt und wartete jetzt zusammen mit
einem Polizisten auf dessen Partner, der einem Falschparker, der noch auf den letzten
Drücker ein paar Weihnachtsgeschenke kaufen wollte, ein Knöllchen unter die
Scheibenwischer klemmte. Wohin ich auch sah hatten Leute Probleme; Probleme mit
der Familie, Probleme mit dem Geld, Probleme mit der Zeit, Probleme damit,
einen Ort zu finden, wo man sich bedingungslos der Lust hingeben konnte. Doch
am Weihnachtsabend würden sie alle bei ihren Liebsten sitzen, sie würden
lachen, sie würden sich freuen und ab dem darauffolgenden Jahr würde diese
Adventszeit die Adventszeit sein, in der die Tochter verhaftet wurde, in der so
ein blöder Bulle einem ein Knöllchen gegeben hat oder in der man es in der
Toilette vom neuen McDonalds getrieben hat.
Mein Weihnachtsfest sollte ich mit dem Professor verbringen. Kein Baum, kein
Festtagsessen, stattdessen Mikrowellenfraß und stumpfe Weihnachtsfilme.
Wir kamen an einem Schaufenster vorbei, in dem die neuen Flachbildschirme
vorgestellt wurden. Eine Dame saß unter einem Mistelzweig, vor ihr ein grüner
Kranz mit vier leuchtenden roten Kerzen, in ihren Händen die Nachrichten. Die
Sendung war schon fast vorrüber, sie sendeten gerade die letzten Sekunden des
letzten Beitrages – des Beitrages über den Tod von Shinichi Kudo. Ich kann es
im Nachhinein nicht mehr sagen, ob es Regentropfen oder Tränen im Gesicht von
Ran Mori waren, aber ich weiß noch, dass ihr Lächeln Zuversicht ausstrahlte als
sie ihre Hand ausstreckte und sagte: „Komm, Shinichi.“