15.Adventskalendertürchen

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  • 15.Adventskalendertürchen

    So, hier kommt Türchen Nr. 15. Diesmal gestaltet von Koibito-san. Viel Spaß und einen schönen 15. Dezember euch allen!


    Leise rieselt der Schnee……
    Unsicher sah Chris sich um. War sie wirklich an der richtigen Adresse? Mit zitternden Fingern faltete sie einen schon ziemlich mitgenommen Zettel auf. Harrison Road 5. Die Adresse stimmte also. Aber wieso stand hier nur ein altes Chemielabor, das in zwei Woche ohnehin abgerissen werden sollte? Und warum kam er, sonst die Pünktlichkeit in Person, zu spät? An Heiligabend?

    „Verzage nicht oder gib auf, wenn du glaubst, im falschen Film zu sein. Es gibt immer einen Weg, du musst nur gründlich suchen“, hatte er lachend gesagt und ihr den Zettel in die Hand gedrückt.

    Sie schnaubte verärgert. Ihr war kalt, sie wollte ins Warme, gemütlich vor dem Kamin sitzen und Geschenke auspacken, vielleicht auch einen gut gekühlten Prosecco trinken. Und was hatte sie stattdessen getan? Sie war wie ein dummes Schoßhündchen zu einer Ruine weit außerhalb von New York gefahren, nur um vergeblich auf Paul, ihren Freund, zu warten. Sie schaute auf ihr Handy. Immer noch keine Nachricht oder ein Anruf von ihm.
    „Findest du das etwa lustig, Paul? Mich in dieser Eiseskälte stehen zu lassen? Bestimmt lachst du dir zuhause vor dem warmen Kamin einen ab, weil ich naives Ding mir irgendwo in der Pampa den Hintern abfriere…“, grummelte sie. Genervt schaute sie sich den Zettel noch mal genauer an.

    AN meine hOffentlich nichT sAure FreUndin
    Ich muSste Gestern gAnz überrascheNd weG…
    Hab dich lieb
    Paul
    P.S : Bridgewater, Harrison Road 5, um 16 Uhr

    „So viele Rechtschreibfehler sehen ihm gar nicht ähnlich…“ Gedankenverloren starrte sie den Zettel an, ohne ihn wirklich zu lesen. Der Fehler kehrte immer wieder. Er hatte beinahe systematisch einige Buchstaben fälschlicherweise groß geschrieben.
    Warum? Aus einer Laune heraus las sie die fälschlicherweise groß geschriebenen Buchstaben hinter einander. „N-O-T-A-U-S-G-A-N-G. Notausgang? Eine versteckte Botschaft? Ganz tolle Idee, Paul.“ Sie musste unwillkürlich ein bisschen schmunzeln. Er hatte sich also etwas dabei gedacht, ihr gestern Abend einfach so den Zettel zu geben und ohne ein weiteres Wort zu verschwinden. „Aber du kriegst dein Fett schon noch weg, dafür, dass du mich hier fast erfrieren lässt.“
    Das Notausgangsschild leuchtete schwach von der anderen Seite der Halle herüber. Chris steuerte darauf zu. Ihre Absätze klackerten auf dem harten Asphalt. Die Tür quietschte laut, als Chris sie mit einiger Mühe aufstemmte. Sie tastete nach einem Lichtschalter. Das einzige, was sie aber finden konnte, war ein alter Kerzenstummel. Sie holte ihr goldenes Feuerzeug hervor, ein Weihnachtsgeschenk von Paul, auf dem die Initialen C.V. prangten, und zündete ihn an.
    Der schwache Kerzenschein erhellte notdürftig einen grauen Vorplatz, der von großen Maschendrahtzäunen umgeben wurde. Die Sonne war inzwischen vollständig untergegangen und die Umgebung verschwamm zu dunklen, grauen Schemen. Den Kerzenstummel vor sich her haltend ging Chris über den Platz und schaute sich nach allen Seiten um.
    „Paul, das Versteckspiel ist nicht mehr lustig, komm raus!“, rief sie. Nichts rührte sich. Niemand sprang plötzlich aus dem Gebüsch und rief „Überraschung!“ Nur der Wind blies etwas stärker und trieb eine alte Zeitung vor sich her. Der Himmel verdunkelte sich und die Windböen, die sich in den toten Fensterhöhlen brachen und damit schaurige Pfeifgeräusche erzeugten, fegten über den verlassenen Platz. Eine erste Schneeflocke fiel.
    Sie landete auf Chris' kalter Nase und schmolz augenblicklich. Der Flocke folgten weitere und bald sah der Boden aus, als hätte jemand Puderzucker darüber geschüttet. Es schneite unaufhörlich weiter. Dicke Flocken fielen vom Himmel und es hörte nicht auf. Chris klapperte mit den Zähnen, sie hatte nur einen dünnen Mantel an und ihre Handschuhe vergessen. Der Schönheit des Schnees schenkte sie kaum Beachtung, sie wollte ins Warme.
    Vor Kälte zitternd holte sie ihr Handy raus. „Wenn du hier irgendwo bist, sollte dich der Klingelton verraten, mein Lieber.“, dachte sie und wählte Pauls Nummer.

    Der gewünschte Gesprächsteilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar, bitte versuchen sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal. Piep. Der gewünschte Ges-

    Mit einem unterdrückten Fluch auf den Lippen beendete sie das Gespräch. Paul schien hellsehen zu können und hatte sein Handy ausgeschaltet.
    Doch plötzlich vibrierte ihr Gerät. Vor Schreck hätte sie es fast in den bereits knöchelhohen Schnee fallen lassen.

    Eine ungelesene Nachricht von Paul Ceprise
    Sie öffnete die Nachricht.

    Hey Schatzi. Bin grad gelandet. John F. Kennedy International Airport Ich liebe dich Paul

    „Das ich nicht lache. Eine wirklich schlechte Lüge, Paul.“ Ärgerlich stopfte sie das Handy wieder in die Manteltasche. Der Kerzenstummel war inzwischen ausgegangen, der fallende Schnee hatte die Flamme gelöscht. Ihr fehlte der beruhigende Kerzenschein, der wenigstens ein bisschen Licht gespendet hatte, als sie jetzt durch den Schnee auf den gegenüberliegenden Gebäudekomplex zu stiefelte.
    Die Drehtür des Gebäudes war außer Betrieb, aber Chris entdeckte einen unscheinbaren Nebeneingang. Sie drückte die Tür auf. Der Raum war dunkel. Man konnte die Hand nicht vor Augen sehen, der Raum schluckte das gesamte Licht.
    „Hier bist du also auch nicht..“, dachte sie enttäuscht und wollte die Tür wieder schließen, als die Beleuchtung des Raums mit einem Mal ansprang. In der Mitte des Raumes stand ein großer, festlich geschmückter Weihnachtsbaum unter dem viele liebevoll verpackte Geschenke lagen. An der rechten Wand stand ein Buffet-Tisch mit allen erdenklichen Weihnachtsleckereien. Kartoffelsalat, Weihnachtsgans, Entenbrust, Lachs, Bratäpfel, Plätzchen, Christstollen.
    Doch das Wichtigste war: Vor dem Baum stand mit ausgebreiteten Armen und einem Grinsen wie ein Honigkuchenpferd…
    „Paul!“ Jeder Groll, den sie gegen ihn gehegt hatte, jede Minute, die sie frierend auf ihn gewartet hatte, war vergessen. Glücklich umarmte sie ihn und schmiegte sich an ihn.
    „Ist die Überraschung geglückt?“, kam es aus einer dunkleren Ecke des Raumes. Sharon trat aus dem Schatten und umarmte ihre Tochter. „Frohe Weihnachten und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein Kind“, flüsterte sie lächelnd.
    „Danke, Mama“, flüsterte Chris glücklich. „Ich hoffe mal, du bist nicht zu lang draußen herumgeirrt und hast gefroren?“ Sie war gerade mal einen Tag von ihm getrennt gewesen und hatte schon sein Lachen und seine Stimme vermisst.
    „Nein, du kennst mich doch, ich bin zu spät gekommen und hab dein Rätsel mit Leichtigkeit geknackt. Das nächste Mal kannst du dir ruhig was Schwereres ausdenken“, erwiderte Chris lachend. „Manchmal muss man nicht alles erzählen…“, dachte sie und küsste ihn. „Danke, für alles, und dafür, dass es dich gibt.“ Sie löste den Kuss und hakte sich bei beiden unter. „Ich hab Lust auf eine Runde Prosecco und Geschenke auspacken, ihr auch?“
  • Heeeeey
    Also ich mag den One-Shot...
    Besonders deinen Schreibstil bevorzuge ich, habe ich dir glaub ich auch schon gesagt ^^

    Ich finden den OS als ein Gelungenes 15. Türchen ^^


    :rhug: